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same künstlerische Entwicklung zu verfolgen. Wir erfahren,
wie ihre Ideen Gestalt annehmen, wie sie mit Herausforder-
ungen umgehen und was sie in ihrem Leben prägte. Darüber
hinaus erhalten wir einen Einblick in die Vorüberlegungen,
Planungsschritte, Ausführungen und Überarbeitungen ihrer
eindrucksvollen Wandzeichnungen.
Ihr intensiver Gedankenaustausch am Bildschirm findet an den
Wänden seine graphische Entsprechung. Dieser Schritt in die
überdimensionale Größe erfordert Risikobereitschaft, Offenheit,
Wertschätzung und tiefes Vertrauen gegenüber dem Anderen.
„[…][S]chon aufgrund des Oszillierens zwischen diversen
Wahrnehmungen, die sich zum Teil decken, sich befragen und
infrage stellen, […]“² wird das gemeinschaftliche Vorgehen zum
Wagnis und Experiment. Sie komponieren vielschichtige Bild-
räume mit einer faszinierenden Dynamik. Gebrochene Land-
schaften entfalten in ihrer Nah- und Fernwirkung neue Details
und Zusammenhänge. Die Größe der Wände erlaubt ein tiefes
Eindringen in diese durch Linien erfasste Schwarz-Weiß-Welt.
Die Elemente des Einzelnen fügen sich zu einer gemeinsamen,
unverwechselbaren Bildsprache, in der sich die Verschiedenheit
ihrer Linienführung nicht auflöst, sondern auf wundersame
Weise verbindet.
Sie schaffen ein kollaboratives Werk, bei dem zwei Individuen
ihre Ausdruckskraft potenzieren. Diese Formensprache mit
ihren kraftvollen Kompositionen und ihrer enormen Komple-
xität verlangt eine intensive Betrachtung. Bettina van Haaren
und Wolfgang Folmer zeigen in ihrer künstlerischen Zusam-
menarbeit eine andauernde Bereitschaft zur Veränderung. In
einer Welt voller Brüche und Spannungen gilt es, sich für das
Gegenüber zu öffnen, das Potenzial des Dialogs zu erkennen
und fragend Bestehendes zu überdenken.
Fragen. Fragen stellen, befragen, sich selbst hinterfragen, das
Gegenüber ausfragen, sich gegenseitig erfragen, die Welt in-
frage stellen. Fragen stellen. Fragen.
1 Jocks, Heinz-Norbert: Wir waren immer kollektiv. Zwischen ich und wir. In: Kunst-
forum international. Bd. 285. All together now! Kunst im Kollektiv. Hg. von The
Collective Eye. Köln 2022. S. 55.
2 Jocks, Heinz-Norbert: Wir waren immer kollektiv. Zwischen ich und wir. In: Kunst-
forum international. Bd. 285. All together now! Kunst im Kollektiv. Hg. von The
Collective Eye. Köln 2022. S. 56.
Nana Seeber
geboren 1995 in Bafut (Kamerun); 2016 – 2022 Studium der Kunst an der
Technischen Universität Dortmund bei Prof. Bettina van Haaren, Jette
Flügge und Felix Dobbert; 2022/2023 Lehrauftrag für Druckgraphik an
der TU Dortmund; seit 2023 freie Mitarbeiterin im Lehmbruck Museum,
Duisburg; zahlreiche Einzelausstellungen, Beteiligungen, Preise und
Stipendien; www.nana-seeber.com
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