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ten. Der frühere Geniebegriff des Einzelnen hat möglicher- Gewalt, die Geburt, das Leda-Motiv. Ich habe gerade auf
weise ausgedient. Es muss nicht mehr alles originär-indivi- Rügen gezeichnet, wo sich Hunderte von Schwänen vor
duell sein, die Kunst darf sehr gerne in Kollektiven entstehen. dem Fenster bewegt haben. Die sich demütigende Maria
WF: Während meines Studiums malte ich des Öfteren zu dritt ist immer da. Auch grölende Menschenansammlungen,
mit meinen Mitstudenten oder agierte vor der Kamera. manchmal mit der Heil-Geste. Verstümmelte Soldaten
Die Störungen faszinierten mich, weil sich in den Bildern halten sich an den Händen. Zärtlichkeit kommt parallel vor.
ständig neue und völlig unerwartete Situationen ereigneten, Dann ist da die Frage nach der Behaarung von Scham und
die so ganz außerhalb meiner Vorstellungskraft waren. Ich Gliedmaßen in Verbindung mit dem heutigen Schönheits-
nahm diese gemeinsame „Grenzerfahrung“ mit in meine begriff. In einer Art Selbstversuch ließ ich mir die Haare wie
spätere künstlerische Arbeit. Das Überraschungsmoment bei der Magdalena Riemenschneiders wachsen. Ich erprobe
suche ich heute durch andere Störmanöver wie Heftigkeits- auch das andere Geschlecht und schiebe wie bei dem Spruch
ausbrüche oder das Zulassen von Zufälligkeiten. Wenn „Fick dich doch ins Knie!“ den Penis ins Bein. Ich „krabbele“
sich ausgereifte künstlerische Positionen begegnen, besteht als ganz viele Ichs in die Figuren hinein.
auch nicht die Gefahr der Anpassung, der Bevormundung WF: Wir mussten mit der Größe ständig ausloten, ob wir auf der
oder Gleichschaltung. Ich sehe da eher das Gegenteil: Wir einen Seite die notwendige Intimität bewahren können, auf der
verunsichern uns und sind aufgefordert, uns der eigenen anderen Seite aber genügend Monumentalität zulassen, wenn
künstlerischen Position zu vergewissern. es darum geht, eine gewisse Wucht ins Spiel zu bringen.
BvH: Wir lassen uns nun auf das Experiment ein, gemeinsam Die agierenden Figuren der Übereck-Situation waren bereits
ein ehemaliges Ladenlokal in Schwäbisch Hall zu bezeich- 2006 in meinen Zeichnungen aufgetaucht, als ich von Lapp-
nen. Auf der Einladungskarte wollten wir Bewegung vermit- land zurückkam. Neu hinzu kamen der Panzer und der
teln, Rempeln, Konfrontation auf körperliche Art. Raketenwerfer als Antwort auf den Ukraine-Krieg. Die
WF: Wir trugen Zeichnungen zusammen, du aus deinem Auf- Rakete pikt die stehende Figur auf dem Tisch, die auf
enthalt in Italien, ich aus historischem Material mit Hitler, unsanfte Weise in diesem Moment aus ihrem Spiel gerissen
Göring, Goebbels und Pornoheften, die in den 80er Jahren wird. Ich hielt diese Szene für passend zu unserer jetzigen
entstanden waren. Ich wollte Elemente in Ornamente geben, Situation mit der wachsenden Bedrohung aus dem Osten.
auftürmen, sich ereignen lassen.
BvH: Den Ausdruck von Uwe Haupenthal, der von „aktuellen
Historienbildern“ bei mir schrieb, die in der Pandemie zer-
bröckeln, empfand ich äußerst zutreffend.
„Mach doch mal die Sitzheizung aus!“ Der Titel hatte einen
ganz banalen Ursprung bei einer Autofahrt: Das Wohlig-
Warme und der Komfort werden irgendwann zu viel.
Nach der Realisation

BvH: Wir kämpften um Korrespondenzen im Bild, und ich
musste mich zur Größe zwingen. Die fast gleichlangen
(behaarten) Beine meiner Magdalena und deiner männ-
lichen Figur, die wie ein Spanner meine Figur anschaut,
bilden ein gleichgewichtiges Zentrum. Wir reagieren auf den
Krieg. Der T 65 ist ein Teil aus deiner Kindheit, den du neu
belebst und in extrem labile Lage bringst. Wir spielen mit
Stellvertretern. In unserem „Comic“ liegt viel Schmerz. Dein
Kopfüber wählt niemand freiwillig! Gliedmaßen wirken wie
ausgerenkt. Deine Figuren fallen ins Bodenlose.
Andere Inhalte bei mir sind der sexuelle Missbrauch, die